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Wertvolle Impulse durch Hygieneverordnung in Deutschland

Portrait von Dr. Ernst Tabori
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Interview mit Dr. Ernst Tabori (Direktor des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene. Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Infektiologe (DGI)).
Photocredit: BZH

Herr Dr. Tabori, jeden Tag erleiden in Deutschland über 500 Menschen eine vermeidbare Infektion im Krankenhaus. Daher wird ein Thema des Freiburger Infektiologie- und Hygienekongresses im Oktober sein, wie sich Deutschlands Hygienelandschaft nach Inkrafttreten der Hygieneverordnungen verändert hat. Was genau beinhaltet diese Verordnung, und was kann man jetzt – eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten – sagen?

Infektionen gehören zu den häufigsten Komplikationen medizinischer Maßnahmen. Umso erfreulicher ist eine Verordnung, im Rahmen derer nicht nur Krankenhäuser sondern auch alle andere Einrichtungen des Gesundheitswesens dazu veranlasst sind, einen erweiterten Fokus auf das Thema Infektionsprävention und Hygiene zu setzen.
Neben der zentralen Forderung, dass jede Einrichtung in der Patienten behandelt werden einer qualifizierten Beratung und Betreuung durch Hygienefachpersonal bedarf, d.h. Fachärzten für Hygiene sowie Hygienefachkräften, ist ein weiterer Eckpunkt der Medizin-Hygiene-Verordnung der Bundesländer die geregelte Ausbildung von hygienebeauftragten Ärzte und von Hygienebeauftragten in der Pflege. Im Gegensatz zu früher, als hygienebeauftragte Ärzte einfach berufen wurden, absolvieren sie nun einen 40-stündigen Kurs nach dem Curriculum der Bundesärztekammer. Natürlich gab es auch bisher die Möglichkeit sich fortzubilden, nur war es nicht zwingend.
Hygienebeauftragte Ärzte sind Ansprechpersonen des Klinikpersonals und Multiplikatoren und unterstützen das Hygienefachpersonal in ihrer Arbeit die Compliance des bei der Einhaltung der Regeln der Hygiene und Infektionsprävention im Krankenhaus zu erhöhen. Insbesondere in kleineren und mittleren Krankenhäusern, die nicht über einen eigenen Krankenhaushygieniker in ihrer Einrichtung verfügen, sind sie zusammen mit der Hygienefachkraft die erste Adresse bei Hygienefragen und stellen die Verbindung zum externen Facharzt für Hygiene dar. Was diese Facharztgruppe betrifft, so gibt es derzeit einen eindeutigen Mangel. Schätzungen zufolge gibt es derzeit weniger als hundert aktive Fachärzte für Hygiene in Deutschland, ein Bedarf von mindestens weiteren 400 ist aber vorhanden.
Um diese Lücke zu schließen, soll es für eine qualifizierte Gruppe von erfahrenen resp. Fachärzten eine curriculäre Weiterbildung von 200 Stunden geben (im Vergleich dazu: Fachärzte für Hygiene und Umweltmedizin müssen eine insgesamt fünf-jährige Weiterbildung absolvieren) unter der Supervision eines Hygiene-Facharztes. Dies ist als Interimslösung gedacht, bis genügend Fachärzte nachrücken. Leider sind Weiterbildungsstellen sehr rar gesät und ich bin nicht davon überzeugt, dass in fünf Jahren tatsächlich genügend Fachärzte ausgebildet sein werden. Daher bin ich sehr gespannt auf den Vortrag von Dr. Weidenfeller vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, der Details zu den Auswirkungen durch die Verordnung im Rahmen des Kongresses im Oktober erläutern wird.

Auch wenn die Vergleichszahlen erst im Rahmen des Kongresses bekannt gegeben werden – was kann man bereits jetzt sagen? Hat sich die Situation verbessert?

Ja, es wird eindeutig mehr über Hygiene gesprochen und die Krankenhäuser sind bemüht, die Anzahl an Hygienefachkräften sowie Hygienebeauftragten zu erhöhen. Der Weg geht sicherlich in die richtige Richtung. Einrichtungen, die kein eigenes Fachpersonal bekommen oder aufgrund ihrer Größe einstellen können, haben zum Glück die Möglichkeit auf externes Fachpersonal, sowohl Hygienefachkräfte wie auch Fachärztliche Hygienebetreuung zuzugreifen. So können auch kleinere Krankenhäuser und solche in strukturschwachen Regionen die geforderten Standards sicherstellen.
Unser Ziel ist es, die Anzahl von nosokomialen Infektionen deutlich zu reduzieren. Derzeit ist es so, dass von den jährlich 18 Mio. in Deutschland durchgeführten Krankenhausbehandlungen, drei bis vier Prozent der Patienten eine nosokomiale Infektion bekommen, d.h. ca. 600.000. Bis zu einem Drittel davon wären vermeidbar. Also bei rund 200.000 Personen kann eine Infektion durch richtige Hygiene vermieden werden. Das sind in etwa ebenso viele Menschen wie hier in Freiburg leben. Und das Jahr für Jahr.

Gibt es solche Erhebungen auch für Österreich?

Was die österreichischen Zahlen betrifft, so lag der Wert nach der letzten europaweiten Punktprävalenzerhebung 2012 bei 6,2 Prozent.
Abschließend eine Frage, zu einem gefürchteten Krankenhauskeim, dem MRSA. Dank der Bildung von regionalen MRSA-Netzwerken konnte ja in Deutschland die Rate an nosokomialen Infektionen deutlich gesenkt werden. Wie sind diese Netzwerke aufgebaut und gibt es solche Netzwerke auch in Österreich?

Ich bin davon überzeugt, dass es vergleichbare Netzwerke auch in Österreich gibt. Der Sinn dieser Netzwerke ist den Bedarf und die Strategie in der jeweiligen Region zu klären und dann die Maßnahmen gemeinsam abzustimmen und umzusetzen. So ist eine wirksame und geballte Vorgehensweise gegen die regional vorherrschenden MRSA-Stämme möglich.
Im Vergleich zu seinen Nachbarländern steht Österreich in Bezug auf MRSA relativ gut dar. So konnte bereits in den 1990-iger Jahren die MRSA-Rate von über 15 Prozent auf etwa 8 Prozent gesenkt werden. Der Wert liegt seit dem konstant zwischen fünf und zehn Prozent. Das ist ein weitaus niedrigerer Wert als etwa jener der Nachbarländer Italien, Ungarn, der Slowakei und Tschechien. In Deutschland haben wir aktuell eine MRSA-Rate von 16.2 Prozent.

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