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Negotiating Truth – Wiener Forschungsprojekt orientiert sich an Semmelweis

Portrait von Anna Durnowá, Politwissenschaftlerin
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Der 13. August ist der Todestag von Dr. Ignaz Semmelweis. Anlässlich dieses Datums möchte die Dr. Ignaz Semmelweis Gesellschaft über ein interessantes Wiener Forschungsprojekt berichten, das eng mit dem berühmten Mediziner verbunden ist. Mit der Projektleiterin, Politwissenschaftlerin Anna Durnowá sprach Carola Timmel.

Was ist Wahrheit – diese zentrale Frage steht im Zentrum des Forschungsprojekts „Negotiating Truth“. Wie entstand dieses Projekt, und wie kam es dazu, ausgerechnet Semmelweis als Symbolfigur zu wählen?

Im Rahmen meines Lehrauftrags 2010 an der Universität Lyon beschäftigte ich mich mit Fragen rund um das Thema „wissenschaftliche Kontroversen“ – wie entstehen sie, wie entwickeln sie sich und wie geht die Gesellschaft damit um? Mein Anliegen war, den Studierenden ein Gefühl dafür zu geben, dass sich Wissenschaft stets in Kontroversen bewegt. Wissenschaftliche Erkenntnisse bewirken keineswegs automatisch eine Veränderung. Vielmehr ist es so, dass es sich oft um einen langwierigen, schwierigen Prozess handelt.
In weiterer Folge entstand ein Projekt, mit dem Ziel, dieses Thema tiefergehend zu beleuchten. Semmelweis, der mit seiner Erkenntnis die wissenschaftliche Kontroverse geradezu entflammte, ist demnach eine ideale Symbolfigur für das Projekt.

Was war das Besondere an der Kontroverse rund um Semmelweis?

Das Besondere war, dass seine Erkenntnis über die Mortalität der Mütter durch Kindbettfieber ja arme Frauen in den Spitälern betraf – also jene, die am Rande der Gesellschaft standen – sich also keine Hebamme zu Hause leisten konnten. Dies gab der ohnehin schon stimmungsgeladenen Kontroverse eine zusätzliche Dimension.

Gibt es im Bereich der Medizin ein analoges Beispiel aus der Jetztzeit?

Ja, nehmen wir etwa das Beispiel HIV. Auch hier handelt es sich ja um eine marginalisierte Gesellschaftsschicht. Anfänglich sah man dieses Thema ausschließlich im Zusammenhang mit Homosexuellen und Prostituierten und auch heute ist das teilweise so. Jedenfalls ist auch hier zu sehen, wie Emotionalität die wissenschaftliche Kontroverse verändert. Dass Emotionen den sachlichen Diskurs über ein Thema erschweren, kann etwa auch am Beispiel der Schweinegrippe gesehen werden. In Frankreich beispielsweise, wo ich einige Zeit lebte, wurde dieses Thema mit Biesthände-Plakaten in U-Bahnen etc. extrem hochgeschaukelt. Dass eine normale Grippe genauso gefährlich sein kann, ging völlig unter.

Warum gehen wissenschaftliche Erkenntnisse mit derart großen Irrationalitäten einher?

Das liegt offenbar daran, dass jede wissenschaftliche Errungenschaft stört, da sie die bisherige Welt, so wie wir sie kennen relativiert. Es ist ein natürlicher Reflex des Menschen. Das war zu Semmelweis` Zeiten vor 150 Jahren so und ist es heute nach wie vor.

Was stimmt Sie optimistisch, dass der Diskurs um wissenschaftliche Erkenntnisse anders wird?

Es geht nicht um Optimismus, sondern einfach darum, dass die Öffentlichkeit heutzutage durch Internet und verstärkte Präsenz der Wissenschaft in den Medien einen leichteren Zugang zur wissenschaftlichen Diskussion hat. Wissen ist nicht mehr nur jenen vorbehalten, die an der Quelle sitzen. Somit nehmen wir alle an der Verhandlung von Wahrheit teil.

Infos zu dem vom FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) geförderten Projekts unter: www.univie.ac.at/negotiatingtruth

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