Der schmerz- und leidvolle Prozess könnte Parodontitis-Patienten durch einfache Maßnahmen erspart bleiben, sagt der Gründer der Österreichischen Gesellschaft für Parodontologie, Prof. Dr. Peter Kotschy – Erfinder der so genannten „Glasperlenreinigung“.
Wochenlanger Wundschmerz durch das operative Sanieren von Zahnfleischtaschen. Diese Prozedur müssen schwere Parodontitis-Patienten über sich ergehen lassen, so sie ihre Zähne vor dem endgültigen Verlust retten möchten. Ist diese schmerz- und leidvolle Maßnahme überhaupt notwendig?
Definitiv nicht. In der Zahnmedizin gibt es Möglichkeiten derartige Prozeduren zu vermeiden. Aber keine der Methoden – sei es nun Ultraschall oder Laser – ist so zahnsubstanzschonend wie die Reinigung der Zahnwurzel mit Glasperlen. Zudem findet durch die visuelle, kontrollierte Glasperlenreinigung eine wirkliche Reinigung der Zahnwurzel-Oberfläche statt. Bei allen anderen Methoden – so gründlich und gewissenhaft sie auch immer vorgenommen werden – wird die Zahnoberfläche nie ganz sauber. Dies aber ist der springende Punkt. Denn die zurückbleibenden kleinen Nischen und Unebenheiten sind ein perfekter Ablageplatz für eine weitere Bakterienbesiedelung.
So viel zur Behandlung – doch kehren wir zum Präventionsgedanken zurück. Mit anderen Worten: Was kann getan werden, um derartige Szenarien erst gar nicht entstehen zu lassen?
Zunächst muss erwähnt werden, dass die Zahnsituation bei jedem Menschen anders ist und daher eine individuelle Herangehensweise an die betreffende Mundsituation erfordert. Es gibt Patienten, die jahrzehntelang keine Mundhygiene betrieben haben – deren Zahnsituation aber erstaunlich gut ist. Andere Patienten wiederum putzen mit Akribie und dennoch bilden sich Bakterienbeläge und daraus resultierende Entzündungen. Dieses Faktum wird leider häufig zu wenig beachtet. Prophylaxe bedeutet, sich jede Stelle des Zahnes, des Zahnfleisches und der Wurzel, so sie bereits freiliegt, peinlich genau anzusehen. Ein Drübergehen nach Schema F wie mit dem Rasenmäher ist sicher kein adäquater Präventionsansatz.
Wie ist es nun aber möglich, zu allen – oft ja schwer zugänglichen Stellen – im Mundbereich zu gelangen? Insbesondere die Zahnzwischenräume sind sicher ein Terrain, wo vieles wahrscheinlich unentdeckt bleibt.
In der Tat ist mit freiem Auge oder auch mit der Lupe manches, aber bei weitem nicht alles sichtbar. Nur das Arbeiten mit dem Mikroskop erlaubt eine gründliche Begutachtung der Zähne. Eine Entmineralisierung oder bereits im Frühstadium befindliche Karies ist nur mit dem Mikroskop erkennbar. Die kleine Stelle wird remineralisiert und/oder versiegelt und so die Chance der weiteren Karies-Ausbreitung verhindert. Großflächige Füllungen, wie sie in den Mündern von den meisten von uns vorzufinden sind, wären durch entsprechenden Einsatz mit dem Mikroskop gar nicht notwendig. Leider arbeiten aber nur wenige Zahnärzte in Österreich mit diesem wundervollen Instrument.
Wie ist es angesichts der offensichtlichen Vorzüge dieses Instrumentariums möglich, dass dieses so wenig Anklang findet?
Die Vorteile der Mikroskoptechnologie – so einfach und naheliegend sie scheinen mögen – sind noch nicht ausreichend bekannt. Hinzu kommt, dass die Zahnheilkunde durch das Sozialversicherungswesen geprägt ist. Mikroskoparbeit jedoch ist zeitintensiv und dies würde enorme Mehrkosten für die Kassen verursachen. Kosten, die sich im Sinne der Zahngesundheit der Menschen aber rechnen würden.
Abschließende Frage – Wie sähe die Mundgesundheit der österreichischen Bevölkerung aus, wenn sowohl das Mikroskop als auch das Glasperlenstrahlverfahren zum Einsatz kämen?
Karies und die entzündlichen Erkrankungen des Zahnhalteapparates (Gingivitis, Parodontitis) würden verhindert bzw. frühzeitig erkannt und therapiert werden. Fortgeschrittene Formen würden möglichst substanzschonend versorgt und ausgeheilt werden. Eine Perfektion der häuslichen Mundhygiene würde ein Wiederauftreten bei fast allen Patienten sicherstellen und den lebenslangen Erhalt Ihren Zähne gewährleisten. Auch bei extrem anfälligen Menschen könnte der Erhalt ihrer Zähne sehr weit hinausgezögert werden.